Sandra Gries











Hilde, wie bist Du zum Nähen gekommen und seit wann nähst Du?
Ich kannte das eben von Zuhause. Meine Mama hat vor meiner Geburt mal als Näherin gearbeitet. Bei uns stand halt immer ’ne Nähmaschine rum, auf der wurde dann immer mal was geflickt. Mein Vater hat mit der Maschine Kuscheltiere für uns genäht, und meine Mutter hat das Ding dann eher nicht mehr angefasst. Meine fünf Jahre ältere Schwester fing dann irgendwann mal an Klamotten zu nähen. Sie hat mir mit zwanzig die grundlegenden Sachen gezeigt und dann hab ich halt angefangen, mit Hüten, Taschen, Hausschühchen, und dann ging es immer so weiter.

Nähst Du aus Leidenschaft?
Ja, das macht halt total Spaß. Im Gegensatz zum Häkeln und Stricken sind es große Kleidungsstücke und man sieht sofort, ob es passt oder nicht. Das fand ich beim Nähen immer super.

Nähst Du nach Schnittmustern oder eigenen Entwürfen?
Meine Hüte und Taschen mach’ ich „Pi mal Daumen“ und meine Schwester hat mir damals gezeigt, wie man gekaufte Schnittmuster abpaust und ausschneidet. Dann habe ich mich an einem Schnittkurs an der VHS versucht und mich damit, neben voll Arbeiten, total übernommen. Ich hab zwei, drei Hosenschnitte, die super passen, das reicht im Endeffekt.

Suchst Du dir die Stoffe, Materialien und Farben gezielt aus?
Ganz oft ist es so, dass ich irgendwo bin und da ist ein Stoffladen und ein Stoff der mir total gut gefällt und dann kauf’ ich halt zwei oder zwei Meter fünfzig und hinterher kommt mir auch die Idee. Ich steh’ total auf Siebzigerjahre-Muster und -Farben: Braun, Orange, Dunkelgrün; und große Prielblumen.

Nähst Du für Dich oder für andere?
Im Moment wirklich mehr für andere und deshalb habe ich mir auch mein Etikett „Hilde Wilde“ gemacht, damit die Leute später mal wissen, das ist von mir.

Nähst Du an einem bestimmten Ort oder zu einer bestimmten Zeit?
Das Nähen hat in meinem Leben einen festen Platz eingenommen, auch in meiner Wohnung. Ich brauche einen ganzen freien Tag zum Nähen, da ich den Ehrgeiz habe, schnell fertig zu werden, um es schnell anzuziehen oder zu verschenken.

Gibt es ein selbst genähtes Kleidungsstück, das Du uns heute zeigen möchtest?
Ja, eines meiner aktuellen Modelle zum Fasching dieses Jahr, das ist das Schneemannkostüm.

Wann ist es entstanden? Hast Du es für einen bestimmten Anlass, eine bestimmte Gelegenheit oder Person genäht?
Ich habe es Anfang Januar für mich genäht, da meine Freundin und ich letztes Jahr zu dieser Zeit eine Kneipentour gemacht haben und für dieses Jahr einen Straßenfasching geplant hatten. Weil es Anfang Februar war, brauchte ich irgendetwas, was warm und weit ist und wo ich alle Klamotten drunterziehen konnte. Da habe ich dann Schnittmuster gewälzt, und da gab es dann den Schneemann, den ich vorher schon im Kopf hatte.

Wann hast Du das Kostüm zum ersten, wann zum letzen Mal getragen?
Am 3. Februar 2008 habe ich es zum ersten und zum letzen Mal in Mainz zum Fasching getragen.

Gibt es Fotos oder andere Zeitdokumente in Verbindung mit Deinem selbst genähten Kostüm?
Es war sehr warm an diesem Tag, einer der heißen Tage in diesem Jahr. Auf dem Foto bin ich mit meiner Freundin und Nichte zu sehen. Meine Schwester hatte die ganze Familie als Clowns verkleidet, total niedlich. Und das Kostüm meiner Freundin hab’ ich genäht.

Kannst Du Dich an ein Kompliment für das Kostüm erinnern?
Ja, ein kleiner Junge, der ging mir bis zu den Knien, blieb vor mir stehen und sagte: „Mama tut mal ein Schneemann, Mama tut mal, Mama tut doch mal“ und ich habe mir gedacht, nur für dich hat es sich gelohnt.

Woran erinnert Dich dieses Kostüm?
Dann denke ich an den kleinen blonden Jungen. Meine Erinnerungen sind sehr faschinglastig.

Hat die Zeit irgendwelche Spuren auf Deinem Kostüm hinterlassen? Löcher, Flecken ...?
Als ich es vorhin aus der Kiste rausgeholt habe, habe ich bemerkt, dass es noch nach Bier riecht.

Was passiert mit dem Kostüm? Verschenkst Du es, nähst Du es um ...?
Es kommt in eine der großen Faschingskisten und wird nicht nächstes aber vielleicht übernächstes Jahr wieder angezogen. Das ist jetzt ein Schneemann, da kann man schlecht noch irgendetwas anderes draus zaubern.

Hilde, wir danken Dir für dieses Gespräch!
Bremen, 27.4.2008 um 13 Uhr